Dem Bischof eine wichtige Stütze

image11

Stab der Kardinale wird in Nollingen gedrechselt / St. Josefshaus stellt Gewinde her / Krümme stammt aus Togo

Text und Fotos: Danielle Hirschberger

 RHEINFELDEN. Wenn Joachim Kardi­nal Meisner an hohen Festtagen in den Kölner Dom einzieht, hat er in seiner Linken ein kleines bisschen Rheinfelden bei sich: Sein Bischofstab wurde in Nollingen gedrechselt. Der 1,50 Meter lange hölzerne Schaft kann in drei Teile zerlegt werden, die Gewinde zum Zu­sammenschrauben wurden im St. Jo­sefshaus hergestellt. Die künstlerisch gestaltete Krümme stammt aus Afrika.

Bild: Henry Pabst mit dem schön verzierten Bischofsstab

ZU KLEIN FÜR WEIHBISCHOF

Am 14. Juni ernannte Kardinal Meisner Monsignore Ansgar Puff zum Weihbi­schof- und dieser wünschte sich für seine Amtseinführung im September genau diesen Bischofsstab. So kam der Bischofs­stab wieder nach Nollingen zurück, denn er wird um 20 Zentimeter verlängert, weil der künftige Weihbischof von Köln mehr als zwei Meter misst. Der Bischofs­stab soll nicht wie ein Zahnstocher in der Hand des großen Würdenträgers ausse- hen.

Drechselmeisterin Karin Langendorf wird einen längeren Stab drechseln und die wundervolle Krümme e Inpassen. In­itiator der filobalen künstlerischen Zu­sammenarbeit ist Henry Pabst. Er ist ln Herten geboren und aufgewachsen. Um ln den 70er Jahren nicht zur Bundeswehr gehen zu müssen, entschloss er sich zum Ersatzdienst ln Afrika. Dabei entdeckte er die Liebe zu diesem Konünent, die ihn nie wieder los ließ. Pabst wohnt mittler­weile in Würzburg, verbringt aber jedes Jahr Monate in Afrika.

DIE VERLORENE FORM

image12

Der als Krankenpfleger tätige Helfer lern­te in Burkina Faso Anatol Ziba und seine Mitarbeiter kennen. Ziba verarbeitet Messing nach der Kunst der verlorenen Form: ein Modell aus Bienenwachs wird mit Lehm ummantelt, mit Eisendraht um­wickelt und noch einmal mit Lehm ver­kleidet. Die Form wird in heiße Asche ge­legt, so dass das Wachs schmilzt und ein Hohlraum entsteht. Der Hohlraum wird mit einer Legierung aus Messing, Zink und Kupfer gefüllt. Die Form muss nach dem Guss zerstört werden, um den Ab­guss zu entformen - es gibt also nur ein Original.

Bild: Johannes der Täufer auf neuen Bi­schofsstäben für den Vatikan

Ziba sucht Metallschrott in seiner Um­gebung und nimmt, was sich für seine Kunst eignet. Je nach Zusammensetzung des Metalls variiert die Farbe - ist mehr Kupfer enthalten, bekommt der Abguss einen rötlichen Schimmer. So recycelt er ökologisch wertvolles Material und erhitzt das Holzkohlefeuer mit dem Blase­balg auf 1200 Grad.

ERSTER AUFTRAG 1996

1996 kam Henry Pabst bei einem Besuch von Joachim Kardinal Meisner in Togo auf die Idee, bei Anatol eine Krümme für ei­nen Kölner Bischofsstab in Auftrag zu ge­ben. Damals koordinierte Pabst das Ge­sundheitsprogramm der katholischen Kir­che in Togo und war bei der dortigen Bi­schofskonferenz tätig. Er wurde vom Erz­bischof von Lomé, Monsignore Philipp F. Kpotzro, zum Betreuer der deutschen Besuchergruppe bestimmt. Mit einer herrli­chen Krümme im Koffer bat Pabst um ei­ne Audienz bei Erzbischof Joachim Kardi­nal Meisner, hatte ihn dieser in Togo doch nach Köln eingeladen. Eminenz war be­geistert - es war kurz vor dem Jubiläum „750 Jahre Kölner Dom“. Die Krümme zeigte drei Könige aus Messing und einen Stern am Ende der Windungen es war eine Krümme mit Bezug zu den Kölner Stadt­patronen.

Drechselmeisterin Karin Langendorf stellte für die Krümme einen hölzernen Schaft her - mit Riefen, klappbar und aus schönem Holz. Sie entschied sich für das dunkle amerikanische Nussholz und konnte die Metallwerkstatt des St. Josefshauses für die Herstellung der Gewinde zum Auseinanderschrauben gewinnen. Jörg Buchholz leitete die mit dieser kniffli­gen Aufgabe beschäftigte Gruppe. Am un­teren Ende des Bischofsstabs ist eine wei­tere Messingskulptur. All das passte Lan­gendorf ein und vollendete das in Afrika begonnene Werk. Pünktlich zum Jubilä­um 1998 wurde der Stab mit dem passen­den Motiv in Gebrauch genommen.

Dieser erste Stab blieb nicht in Köln, er zog mit dem neu berufenen Bischof Hei­ner Koch, ehemaliger Weihbischof von Köln, nach Dresden. Auch der zweite in Auftrag gegebene Bischofsstab mit den Heiligen Drei Königen als künstlerisches Motiv für die Krümme sollte nicht in Köln verweilen. Er wurde dem neuen Erzbi­schof von Berlin, Rainer M. Wölki, als Ge­schenk seiner Heimatdiözese Köln mit nach Berlin gegeben. Am 4. Dezember 2012 überreichte Pabst Erzbischof Joachim Kardinal Meisner den dritten Bi­schofsstab als Geschenk zum 50. Jahres­tag der Priesterweihe und zum 79. Ge­burtstag. Dieser Krummstab - wieder mit dem Dreikönigsmotiv - wird nun für Weihbischof Ansgar Puff verlängert.

Für seine Arbeit wird Ziba von Pabst über die Afrikamissionare Weiße Väter in Köln bezahlt. Sie schicken das Geld porti­onsweise, damit möglichst lange eine gu­te Versorgung in der als ärmstes Land der Welt bezeichneten Region möglich ist. Zi­ba und sein Schüler Denis Kabre stellten auch für den bekannten Kunstsammler Relnhold Würth in Schwäbisch Hall eine große Bronzekrippe her, arbeiteten einen Radleuchter mit zwölf Aposteln für je eine Kirche in Togo und Madagaskar, sie fertigen religiöse Skulpturen und Plastiken aus der Tierwelt an.

AUCH DER VATIKAN BESTELLT

In Europa sind mittlerweile rund ein Dut­zend Bischofsstäbe in Gebrauch, deren Krümme kunstvoll in Afrika hergestellt und deren Schaft in Nollingen gedrech­selt wurde. Manchmal mit überaus afrika­nischem Flair: ein in Auftrag gegebener Stab mit Martin als Motiv zum 175. Jubi­läum der Diözese Rottenburg Stuttgart hatte gleich zwei Bettler zu Füßen - in Afrika ist nie nur ein Bettler unterwegs, es sind immer zwei, Anatol Ziba kennt es nur so. Also hat er das Motiv auch so übertragen. Von seinem letzten Besuch in Westafrika brachte Pabst zwei neue Krümmen mit: eine Bestellung für den Vatikan, die jetzt in der Nollinger Werkstatt vollendet werden.

Quelle: Badische Zeitung 04.07.2013