Beim Klöppeln kann man abschalten

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Karin Langendorf betreibt in Nollingen ihr Kloppelcenter, das weltweites Renommee besitzt / Ausstellung im Haus Salmegg

Text und Fotos: Danielle Hirschberger

RHEINFELDEN. Eine Baslerin kam En­de der 70er Jahre in die Drechslerei Langendorf in Nollingen mit einem kleinen Holzteil in der Hand und bat, dass solche für sie angefertigt würden. Es handelte sich dabei um Klöppel, zehn Zentimeter große Spindeln, auf deren oberes Teil Garn gewickelt wer­den kann und dessen Unterteil ver schiedene Formen aufweist Für die auf Kinderspielzeug spezialisierte Firma war die Herstellung der Klöppel kein Problem. Karin Langendorf hat die Werkstatt mittlerweile vom Vater übernommen und zu einem bundesweit be­kannten Klöppelcenter ausgebaut.

Bild: Karin Langendorf experimentiert an Ihrem Klöppelkissen mit Metallfäden

 

Beim Klöppeln werden auf einem Polster Faden nach bestimmten Mustern verkreuzt oder verdreht, so dass eine Spitze entsteht. Dazu wird das Garn auf Klöppel gewickelt, die paarweise auf dem Klöppelkissen befestigt werden. Je nach Mus­ter können dies mehrere Hundert sein. Diese Klöppel drechselt Karin Langendorf. Es gibt derzeit 70 verschiedene Sor­ten: Da liegt die Duchess, der Honiton, Binche, der dünne Bedfordshire und der schmucklose Brügge. Klöppel werden in unterschiedlichen Größen und Hölzern angeboten. Ihre Herstellung lief über viele Jahre neben den übrigen Handwerksprodukten der Nolllnger Drechslerei.

Im Jahr 2000 wurde Karin Langendorf eine Stuttgarter Klöppelfirma zum Kauf angeboten. Da ihr Mann Jürgen Heubüschl seine Unterstützung zusagte, wag­te die gelernte Drechslerin den Sprung und kaufte die Klöppelfirma. Seither wurde die Nollinger Drechslerei systematisch zum Klöppelcenter ausgebaut und dem Deutschen KLöppelverband angeschlos­sen.

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Das Klöppelcenter Langendorf Ist mitt­lerweile zu einem wahren Mekka für Klöpplerinnen geworden, nicht nur bundes und europaweit, sondern bis in die USA gibt es Anhänger.

Bild: Geklöppelte Metallschalen Foto Privat

In Nollingen werden Klöppelkurse veranstaltet und man bekommt alles Zubehör, das für diese sel­tene Freizeitbeschäftigung notwendig ist.

Karin Langendorf betont: „Eine Frei­zeltbeschäftigung war Klöppeln früher nicht.“ Spitzen dienten als Kragen für Männer und Frauen, sie waren teuer, nur die Reichsten konnten sie sich leisten. Spitze habe die Mode diktiert, es seien al­le Oberbekleidungsstücke auch in geklöp­pelter Form hergestellt worden. Bei der Chantillyspitze seien es ganze Umhänge gewesen, die geklöppelt wurden. Auf al­ten Gemälden seien die wertvollen, edlen Kleidungsstücke noch zu bewundern.

Karin Langendorf:
„Eine Freizeitbeschäftigung war Klöppeln früher nicht"


Die Spitzen wurden von Frauen herge­stellt, die seit dem Mittelalter zu Hause an Ihren Klöppelkissen saßen und arbeite­ten. Sie mussten nicht aufs Feld und konn­ten ihre Kinder daheim erziehen. Von ei­ner deutschen Frau aus dem 16. Jahrhun­dert wird berichtet dass sie bis zu 900 Klöpplerinnen Arbeit gab. Sie sorgte für das Garn und die Klöppelbriefe, nach de nen gearbeitet wurde. Sie kaufte die ferti­gen Spitzenborten auf und bezahlte die Frauen. Das ging über mehrere Jahrhun­derte gut. Verarbeitet wurden Leinenfaden, die sich zu haarfeinem Garn verar­beiten ließen. Es entwickelten sich in Frankreich, Belgien, England und Deutschland Klöppelzentren, die durch Ihre besonderen Spitzen und Borten be­rühmt wurden. Manche hauchfeinen Krägen kosteten ein Vermögen. Die Klöpple rinnen entdeckten, dass sich auch Metallfäden verarbeiten lassen - daraus wurden Trachten sowie gold oder silberfarbige wertvolle liturgische Gewänder gearbeitet. Mit der Industrialisierung kam die Maschinenspitze. Die Klöpplerinnen wa­ren nicht mehr konkurrenzfähig. Die Ma­schine lieferte billiger und schneller.

Viel Wissen und damit viele Muster sind mit dem Untergang des Berufes verschwunden. Klöppeln wird heute rein hobbymäßig betrieben. „Beim Klöppeln“, sagt Karin Langendorf, „kann man ideal abschalten". Eine Klöpplerin konzentriert sich auf die Arbeit, kreuzt, dreht, fixiert mit extra fei­nen Stahlnadeln, bis die folgenden Schläge das Muster fixieren. Nach kurzer Zelt sei der Alltag in weite Ferne gerückt, sagt sie.

Das gesamte Klöppelzubehör kann in Nollingen erworben werden: Klöppel, Klöppelbriefe. Klöppelklissen - und Rollen, Ständer und das Know-how dazu auch: seit der Einrichtung des Klöppelcenters 2000 wurden etwa 100 Kurse ermöglicht, für Anfänger und Fortgeschrittene Die Kursleiterinnen kommen aus ganz Europa, je nach Thema dauert ein Kurs zwei bis fünf Tage.

Ein großes Sortiment Garne wartet auf die Handarbeiterinnen, die mit Geduld, guten Augen und mit viel Licht die fillgranen Spitzen herstellen. Angefangen vom klassischen Leinengarn werden heute Viscose, Polyester, Baumwolle, Seide und Gemische angeboten. Lichtgeschützt warten Metallgame und farbiger Kupferdraht auf ihre Verwendung am Klöppelkissen. Verkauft wird hauptsächlich über Internet, daneben werden europaweit Messen besucht.

AUSSTELLUNG

Karin Langendorf und Maria Lehner Müller zeigen Klöppel-, Drechselarbet- ten und Skulpturen in einer Ausstellung im Haus Salmegg. Diese ist vom 18 Januar bis 24. Februar samstags und sonntags von 12 bis 17 Uhr geöffnet. Vernissage am Freitag, 18. lanuar, um 19 Uhr, Marianne Stang führt ein.

Mehr Informationen zum Kloppelcenter Langendorf finden Sie auf www. langendorfkloeppl.de

Quelle: Badische Zeitung 12.01.2013