Eigentlich wollte sie Krankenschwester werden

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Doch dann entschloss sich Karin Langendorf, eine Drechslerlehre in der Werkstatt ihres Vaters zu machen und selbstständig zu arbeiten...

Das ist gut 25 Jahre her, und inzwischen hat sich die Rheinfelderin nicht nur als Drechslerin einen Namen gemacht, sondern auch als Holzbildhau­erin und als Klöpplerin mit eigenem Klöppelcen­ter. Dort gibt es alles, was es für diese besondere Handwerkskunst braucht: Game, wunderschöne Klöppel aus verschiedenen Hölzern, Klöppelkissen, Fachbücher.

 

Mit der ihr eigenen Leidenschaft, großem fach­lichem Können und Intensität widmet sich die 45-Jährige den drei Seiten ihres künstlerischen und kunsthandwerklichen Schaffens: dem Modellieren, Klöppeln und Drechseln. „Ich fin­de das Drechseln und das Klöp­peln wunderbar, aber am meisten hängt mein Herz an der Bildhau­erei“, erzählt Kann Langendorf in ihrem Haus in Nollingen, während im Kamin ein Holzfeuer brennt.

Das Kreative liegt in ihrer Familie.

„Wir haben alle eine künstlerische Ader“, sagt die vielseitige Künstle­rin und Kunsthandwerkern, deren Schwester Gabi Langendorf eine erfolgreiche Malenn mit Professur in Saarbrücken tsL

Wichtig war Karin Langendorf im­mer eine fundierte Ausbildung:

Das Handwerk ist die Basis, um dann künstlerisch weiter gehen zu können“. So hat sie es auch gehal­ten, als sie nach der Drechslerlehre eine dreijähri­ge Ausbildung als Holzbildhauenn in Michelstadt im Odenwald absolvierte. Von der Pike auf lernte sie alle Facetten des bildhauenschen Arbeitens mit Holz: Ornament, barocke Schnitzerarbeit das Gestalten von Köpfen, Masken, figürlichen Skulp­turen. Ihr Lieblingsstück aus dieser Studienzeit ist ein wunderbar gestaltetes Porträt des Cicero, das sie mH dem Stechbertel und anderem manuellem Werkzeug behutsam aus dem Holz geholt hat: .Das bleibt für mich ein Meilenstein“

1992 machte sie in Hannover ihre Meisterprüfung im Drechslerhandwerk, zeigte ihre Kunstob|ekte in den 90er Jahren an der Frankfurter Frühjahrs- und Herbstmesse und erhielt für ihre herausragenden Arbeiten sogar den Hessischen Staatspreis. Für sich selbst hat Kann Langendorf immer gern modelliert zunächst nach Anatomiebüchem im Selbststudium. Seit dreieinhalb Jahren besucht sie nun Kurse im Aktmodellieren an der Basler Schule für Gestaltung. Nach Modell formt sie nicht nur Aktskulpturen, son­dern vor allem viele Köpfe aus Ton, von denen sie teilweise Gipsabgüsse herstellt Kann Langendorf zeigt auf ein ausdrucksvoll und lebensecht model­liertes Porträt der Tänzerin Vanessa. „Ihr Gesicht zu modellieren, hat mir großen Spaß gemacht“. Der Mensch, der Körper, der Kopf sind für die Bildhauerin „das Spannendste”. Beim figürlichen Modellieren geht es ihr darum, „erst einmal ein Gefühl für den Menschen zu bekommen, zu schauen, wie sieht das Gesicht aus, wie ist die Schädelform, wie sind die Proportionen". Auf dem Modellierblock steht eine angefangene Skulptur in Ton. Solche Körperstudien sind für Karin Langendorf wichtig, um beim Model­lieren ein Gefühl zu bekommen für die Proportion des Körpers, der Beine, der Füße.

Als Perfektionstin, die sie ist näherte sich Kann Lan­gendorf auch der Kunst des Klöppelns mit viel Res­pekt vor dieser aufwändigen Handarbeit. Schon ihr Vater hatte früher Klöppel im Sortiment und als sich die Gelegenheit bot das Inventar eines Stuttgarter Klöppelgeschäfts aufzukaufen, setzte sich Langen­dorf intensiv mit dieser sehr speziellen, traditions-

reichen Handwerkskunst auseinander. Sie lernte das Spitzenklöppeln und stellte bald fest dass diese diffizile Technik und das Thema Klöppelspitzen eine Wissenschaft für sich sind. „Da gibt es unendlich viele Spitzenarten, Panser, Florentiner oder solche aus Rändern. Das ist eine komplizierte Matene“, weiß die Klöppelkünstlenn. Inzwischen ist Kann Langen­dorf in der Klöppelszene sehr bekannt. Sechs Mal im Jahr lädt sie in ihren Räumen zu Kursen mit nam­haften Dozentinnen und Klöppellehrennnen. Das Klöppelcenter Langendorf liefert Klöppelzubehör in 20 bis 25 Länder. Weil das Spitzenklöppeln „so ein verstaubtes Image“ hat ist es Karin Langendorf als moderner Objektkunstlerin ein Anliegen, die nostalgisch anmuten­de Handarbeitskunst in die heutige Zeit und in neue künstlerische For­men weiterzuführen. Geklöppelt wird nicht nur mit Garnen, sondern auch mit Metallfäden oder Edel­stahldraht. Langendorfs faßartige, schalenförmige Objekte sind Bei­spiele für diese unkonventionelle Klöppelkunst. Bis zu 100 Stunden Arbeiten steckt in manchen Klöp­pelarbeiten, sagt Kann Langendorf. Solche Klöppelarbeiten zeigt die Künstlenn neben Drechselarbeiten, bildhauerischen Skulpturen und modellierten Köpfen in der Ausstellung „Licht und Dicht“ im Rheinfelder Haus Salmegg, die in der vom Kulturamt veranstalteten Reihe „Tandem“ läuft. Als Mitausstellerin hat Langendorf die Schwei­zer Künstlerin Mana Lehner-Müller eingeladen, eine moderne Vertreterin des Spitzenklöppelns. die in ihrer Textilkunst mit ungewöhnlichen Formen und Materialien spielt. Also eine „spitzenlastige“ Doppel­schau mit zwei Künstlenrinen, die eine alte Kunst neu beleben.

Roswitha Frey

Ausstellung „Licht und Dicht",

Haus Salmegg Rheinfelden, 18.1. bis 24.2, geöffnet Samstag und Sonntag 12-17 Uhr.

Vernissage am 18. Januar, 18 Uhr, mit einer Einführung von Mananne Stang.

Quelle: 2 X Rheinfelden Januar/Februar 2013